Brunshausen
Erinnerungsarbeit in Brunshausen mit Projekttag fortgesetzt
Die Oberschule Bad Gandersheim hat sich im Rahmen
des Projektes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zur Aufgabe
gemacht, sich aktiv gegen die gesamte Bandbreite von Rassismus und
Diskriminierung zu engagieren. Mit einem Projekttag zur sogenannten
„Kinderpflegestätte“ Brunshausen setzt sie ein Statement: „Rassismus? - nie
wieder!“
Am Gedenktag des Holocaust , dem 27.01.2022 gestalteten die Schüler*innen
des 10. Jahrgangs der Oberschule Bad Gandersheim in Zusammenarbeit mit Dr.
Rainer Bendick, Bildungsreferent im Bezirksverband Braunschweig des
„Volksbundes für Deutsche Kriegsgräberfürsorge“, einen Projekttag. Erklärtes
Ziel in diesem Jahr war, neben der Aufarbeitung der Vergangenheit der
Häftlinge in Brunshausen, die Errichtung einer Gedenkstele sowie einer
weiteren Geschichts- und Erinnerungstafel, die insbesondere über die
Geschichte der verstorbenen Kinder in der Kinderpflegestätte berichtet.
In enger Zusammenarbeit zwischen Herrn Bendick, der Oberschulleitung Petra
Dröge und Lars Obermann von der Stadtverwaltung Bad Gandersheim sowie
den betreuenden Lehrkräften wurde dieser besondere Tag intensiv vorbereitet.
Insgesamt drei Schülerarbeitsgruppen werden ihren wertvollen Beitrag für eine
Erinnerungskultur und gegen das Vergessen leisten. Im Rahmen des
Projekttages erstellten sie Texte für die Gedenktafel, entwarfen kreative
Beiträge für die Einweihungsfeier von Gedenkstele und Geschichts- und
Erinnerungstafel und stellten Tonziegeln her, die den verstorbenen Kindern
ihre Namen zurückgeben sollen.
Der Projekttag wurde von Herrn Dr. Bendick eingeleitet. Emotional
herausfordernd waren seine Erläuterungen zur Errichtung der sogenannten
„Kinderpflegestätte“ Brunshausen durch die Nationalsozialisten ab Sommer
1944. Eindrucksvoll schilderte er die widrigen Umstände, unter denen
osteuropäische Zwangsarbeiterinnen zum Beispiel auf umliegenden
Bauernhöfen arbeiten mussten, geschwängert wurden und ihre Kinder in
zunächst ungeschützter Umgebung gebaren. Die Errichtung der„Kinderpflegestätte“ verhalf den Frauen zwar zu einem geschützteren Raum,
um ihre Babys zu entbinden und versprach auch, diese in Obhut zu nehmen,
während sie nach wenigen Tagen wieder arbeiten mussten, doch überlebten
ihre Kinder nur wenige Tage bis Wochen, weil man sie vernachlässigte.
Menschenunwürdig wurden die Leichen auf dem Salzbergfriedhof neben dem
Gräberfeld der KZ-Häftlinge begraben. Nichts erinnerte an sie. Selbst als eine
Chance dazu bestand, wurden die Gräber nicht als Kriegsstätte anerkannt, so
Bendick.
Das wollen und können die rund 60 Akteure des Oberschul-Projekts für die
Zukunft nicht so stehen lassen, weshalb sie sich im Anschluss an Bendicks
Einführung, direkt ans Werk machten.
Eine Gruppe widmete sich der Rekonstruktion der Gräber anhand alter
Schriftstücke. Für jeden der 20 verstorbenen Säuglinge erstellten sie eine
Tonziegeln mit deren Namen sowie Geburts- und Sterbedatum. Die Tonziegeln
sollen in einem nächsten Schritt an einer Stele aus Eichenholz befestigt
werden, die am Ort der Grabstätte als Mahnmal fungiert.
Die zweite Gruppe erstellte Texte, die über die Geschichte der verstorbenen
Kinder berichten. Dabei war es den Schüler*innen wichtig, dass über die NS-
Ideologie, die Situation der Zwangsarbeit in Südniedersachsen und Bad
Gandersheim in der NS-Zeit, das Problem der Schwangerschaft der
Ostarbeiterinnen, die „Kinderpflegestätte“ Brunshausen und den Verbleib der
Kinder auf dem Salzbergfriedhof informiert, erinnert und aufgeklärt wird. Die
Geschichts- und Erinnerungstafel, die an die Kinderopfer erinnern wird,
entsteht auf Grundlage dieser Schülertexte.
Die dritte Arbeitsgruppe befasste sich mit der Ausgestaltung der
Einweihungsfeier, die im April dieses Jahres stattfinden soll. Sie erarbeitete
Beiträge für die schuleigene Homepage, verfasste Ansprache- und
Begrüßungstexte für diese Einweihungsveranstaltung und gestaltete kreative
Beiträge, wie Gedichte, kurze Geschichten und Gedanken zum Erinnern an die
verstorbenen Kinder.
Nach intensiver Aufarbeitung dieser nicht ganz leichten Themenfelder fand im
Forum der Oberschule ein gemeinsamer Abschluss des Projekttages statt. Der
besondere Dank galt hier den Schüler*innen, die hervorragende Arbeit
geleistet haben. Für das leibliche Wohl konnte dank einer zweckgebundenen
Spende von Dieter Voss an die AWO Bad Gandersheim gesorgt werden.Der nächste gemeinsame Meilenstein wird die offizielle Eröffnungsfeier am 21.
April 2022 sein. Mit diesem Tag wird auf dem Salzbergfriedhof ein Ort der
Erinnerungen geschaffen: Geschichts- und Erinnerungstafeln sowie die
Gedenkstele erinnern sowohl an die Geschehnisse des KZ-Außenlagers
Brunshausen als auch an die Geschehnisse, die die wehrlosen Kinder zu Opfern
machten. Ein Ort der Erinnerung, der gegenwärtig und zukünftig
Besucher*innen sensibilisieren soll.